Kommunikationsprotokolle in der Industrie

Sarah Kolberg | Mai 29, 2024

Inwiefern unterschieden sich die Kommunikationsprotokolle in der Industrie von Büroumgebungen? Welche industriellen Kommunikationsprotokolle gibt es und was sind ihre Eigenheiten? Hier beantworten wir Ihre Fragen zu Feldbusprotokollen und Industrial Ethernet.

Wofür braucht man industrielle Kommunikationsprotokolle?

In Kommunikationsprotokollen werden Regeln und Verfahren definiert, um eine effektive und zuverlässige Kommunikation zwischen einzelnen Netzwerkkomponenten zu gewährleisten. Industrielle Kommunikationsprotokolle sind dabei für den Daten- und Informationsaustausch sowie die Zusammenarbeit einzelner Komponenten industrieller Anlagen vorgesehen. Es wird eine gemeinsame Sprache und Struktur von Systemen, Maschinen, Computern etc. festgelegt, sodass ein störungsfreier Betriebsablauf sichergestellt werden kann. Die Weiterentwicklung dieser Protokolle ist wichtig für die Prozessoptimierung und neue Wertschöpfungsketten in der Industrie.

Entstehung industrieller Kommunikationsprotokolle

Die Entwicklung industrieller Kommunikationsprotokolle geht in die 1960er Jahre zurück und hängt eng mit der Entstehung der ersten speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) zusammen.Die Kommunikation dieser SPS erfolgte über eine serielle Schnittstelle mithilfe eines kundenspezifischen Busprotokolls, also mit proprietärer Software. Diese werden bis heute für Komponenten angewendet, für die keine Verbindung oder sonstiger Ausbau vorgesehen ist.

Insofern jedoch Konnektivität oder eine Möglichkeit zur zukünftigen Erweiterung verlangt ist, braucht es Standardprotokolle, die für diesen Zweck geschaffen wurden. Die Entwicklung dieser Kommunikationsprotokolle erfolgte vorerst anhand spezifischer Merkmale oder Gruppierungen der jeweiligen Geräte bspw. für Regler oder Sensoren. Diese seriellen Protokolle sind bis heute im industriellen Umfeld im Einsatz und werden Feldbusprotokolle genannt. Etwa in den 1990er Jahren wurden zahlreiche Initiativen – erstmalig angestoßen durch die Automobilindustrie – im industriellen Umfeld unternommen, aus denen die heutigen Industrial Ethernet-Protokolle entstanden sind.

Kategorisierung von industriellen Kommunikationsprotokollen

Feldbusprotokolle

Feldbusprotokolle sind serielle Kommunikationsprotokolle, die Systemen im Feld wie Sensoren, Motoren oder Aktoren den Informationsaustausch mit SPS ermöglichen.

Beispiele für Feldbusprotokolle

Diese Liste ist nicht vollständig und enthält nur eine Auswahl.

Modbus: Verwendung in der industriellen Automatisierung, Kommunikation zwischen SPS und Feldgeräten

Profibus: Verwendung in der Prozesssteuerung, Fabrikautomation & häufiger Standard in der Antriebskommunikation, Unterstützung schneller Datenübertragung

CAN-open (Controller Area Network):  kurze Systemreaktionszeit, hohe Datensicherheit, Multimasterfähigkeit

DeviceNet: Netzwerkprotokoll zur Anbindung von Sensoren und Aktoren an SPS, basiert auf CAN

CC-Link: ist primär im asiatischen Raum verbreitet, Kommunikation zwischen SPS und Feldbusgeräten

Erweiterung der Ethernet-Protokolle für die Industrie

Die Nachfolger der Feldbusprotokolle stellen eine Modifikation des Standard-Ethernets für die Industrie dar. Diese sollen die Übertragung von Produktionsdaten einer spezifischen Operation zu einem exakten erforderlichen Zeitpunkt gewährleisten, um störungsfreie Betriebsabläufe zu ermöglichen.

Es handelt sich hierbei um offene Standards und Echtzeitprotokolle, für die häufig eine Hardware-Schnittstelle erforderlich ist.

Beispiele für industrielle Protokolle (Ethernet-Erweiterung):

Diese Liste ist nicht vollständig und enthält nur eine Auswahl.

Profinet: von Siemens entwickelt, Kommunikation zwischen Steuerungssystemen, I/O- und industriellen Komponenten in Echtzeit, Anwendung in der Automatisierung, nutzt zur Kommunikation IP/TCP

Ethernet/IP: von Rockwell Automation entwickelt, Integration von Ethernet-basierenden Geräten in industriellen Umgebungen, einfache Integration in bestehende Netze möglich, hohe Datenübertragungsraten

EtherCAT(Ethernet for Control Automation Technology): von Beckhoff Automation entwickelt, schnelle Kommunikation zwischen dezentralen Feldgeräten und SPS, beliebt aufgrund einfacher Handhabung und ausgezeichneter Performance

Modbus-TCP: von Schneider Electric entwickelt, Kommunikation mit Modbus-Geräten via Transmission Control Protocol (TCP), arbeitet im Master-Slave-Prinzip, Haupteinsatzgebiet in der Regelungstechnik

(Ethernet) POWERLINK: Übertragung von Prozessdaten in der Industrieautomatisierung, Echtzeitdatenübertragung im Mikrosekundenbereich

Unterschied zwischen Standard-Ethernet und Industrial Ethernet

Ethernet in Office-Umgebungen ist deutlich weniger Störungsfaktoren ausgesetzt, als es bei Industrial Ethernet der Fall ist. Hier können Erschütterung oder Hitze Netzwerke vor Herausforderungen stellen. Es ist eine entsprechende Robustheit gefordert, um im industriellen Umfeld zu bestehen. Industrial Ethernet ist darauf ausgelegt Fehler im Produktionsprozess zu unterbinden oder im Störungsfall schnell zu reagieren. Die Protokolle sind auf die Anforderungen in Industrieanlagen zugeschnitten. Das zeigt sich beispielsweise auch im besseren Umgang mit hohen Datenübertragungsraten oder Datenkollisionen.

Ein weiterer wichtiger Unterschied ist der Determinismus beim Industrial Ethernet, also die Abhängigkeit von einer zeitlichen Komponente. Kommt es bei der Datenübertragung zu Verzögerungen, kann dies den Betriebsablauf behindern. Das könnte Produktionsstopps, Ausfälle oder Fehlverhalten von Maschinen bedeuten und ist daher unbedingt zu unterbinden.

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